DÜV und rote Gebiete unter der Lupe, was sagt der N-Saldo?

Die Aufregung um Herbstdüngung

Vor kurzem habe ich einen Facebookbeitrag auf der beliebten Seite „Landwirte Informieren“ gesehen. Dort wettert ein Landwirt darüber, dass er im Herbst keine Gülle mehr auf seinen Weizen ausbringen darf. Er fragt sich, warum dies bei Zwischenfrüchten und Grünroggen aber möglich ist. 

Warum Grünroggen und Zwischenfrüchte anders sind

Grünroggen und Zwischenfrüchte haben noch einen Bedarf im Herbst und nehmen deutlich mehr N auf als Winterweizen. Aus meiner eigenen Erfahrung kann dies wunderbar mit Hilfe des YARA N-Sensors gezeigt werden.

Erfahrungswerte: Nährstoffaufnahme im Vergleich

Wir haben vor ein paar Jahren Winterraps, Wintergerste und Winterweizen gedrillt. Im Norden wird Winterweizen teils vor der Wintergerste ausgesät. Das Ergebnis war, dass Raps bis zu 120 kg N vor dem Winter aufgenommen hat. Bei Wintergerste waren es bis zu 40 kg N und bei Winterweizen in der Spitze 20 kg N/ha. Das ist schon mal ein erstes Indiz dafür, warum die Düngung von Winterweizen im Herbst keinen Sinn macht.

Gängige Meinungen hinterfragt

Erwartungsgemäß kommt jetzt der Einwand: „Wir brauchen Stickstoff für die Strohrotte“. Im Video kam noch das Argument: „Ich muss doch die Regenwürmer(1) und das Mikrobiom(2) ernähren und brauche die Gülle, um Humus(3) aufzubauen.“ PS: Mir geht es hier nicht darum, jemanden vorzuführen. Mir geht es um Wissenstransfer und das Aufräumen mit bekannten alten Klischees oder Meinungen. Schauen wir uns die Argumente näher an. 

  1. Regenwürmer

Ich denke, die meisten von euch wissen, dass Regenwürmer sich von totem Pflanzenmaterial ernähren und die besten Zersetzer von Stroh und anderen organischen Reststoffen sind.

  1.  Mikrobiom

Das aktivste Mikrobiom findest du in der Nähe von lebenden Pflanzenwurzeln, die durch die Wurzelexsudate ernährt werden. FUN-Fact: Mais kann in einer Vegetationsperiode genauso viel Kohlenstoff in den Boden pumpen, wie er oberirdisch wächst.

  1. Humusaufbau

Im letzten verlinkten Artikel habe ich über den Humusaufbau geschrieben. Klassisch wird von Humus im Boden als tote organische Masse gesprochen. In der Wissenschaft spricht man heute meistens eher von Bodenkohlenstoff (SOC). Hier ist es wichtig, zwischen den zwei Fraktionen POC (partikulärer organischer Kohlenstoff) und MAOC (mineralisch gebundener Kohlenstoff) zu unterscheiden. Der mineralisch gebundene Kohlenstoff ist der Langzeit gespeicherte Kohlenstoff und baut sich langsam auf. MAOC entsteht bei Bodenruhe und wird durch das Absterben von Mikroorganismen gebildet, die sich von POC und von Wurzelexsudaten ernähren.

Bedeutung von Sensoren im Ackerbau

Dies zeigt, wie wichtig es ist, möglichst immer bewachsene Böden zu haben. Natürlich brauchen die Pflanzen auch Nährstoffe, und genau das ist der Grund, warum du als Landwirt auch düngst. Das Ziel muss es sein, diese schneller zu recyceln und zu verhindern, dass Nährstoffe aus dem System ausgewaschen werden. Wie hoch zum Beispiel deine Versickerungsrate über den Winter ist, kannst du mit unseren Regenwächter (Regensensor) und Feldwächter (Bodensensor) messen.

Nährstoffbilanzen nach DÜV

Ich habe einmal die Daten für Winterweizen, Körnermais und Winterraps zusammengestellt, aus der DÜV.

KulturN Bedarf pro dt FMErtrag in dt/haN-Abfuhr in kg/haDüngebedarfsermittlung Düngebedarfsermittlung
kg N/ha 
Weizen1,8180144,8 230
 Stroh0,56432Vorfrucht (Raps)-10
  Summe176,8N-min-40
180
Rapskorn 3,3540134 200
Rapsstroh0,76847,6Vorfrucht (Gerste)0
  Summe181,6N-min-40
  160
Körnermais1,3890124,2 200
 Stroh0,99081Vorfrucht (Weizen + ZF)-10
  Summe205,2N-min-40
  150

Quelle: www.gesetze-im-internet.de DÜV Anlage 4 und 7

Ich habe der Einfachheit halber die Standardertragswerte genommen. Mir ist klar, dass es Regionen mit mehr oder weniger Ertrag gibt, organischer Düngung usw. 

Wie man aus der Tabelle entnehmen kann, ergeben sich Folgende N-Salden:

Weizen: 180kg N Düngung – 145kg N Entzug = +35kg/ha

Raps: 160kg N Düngung -134kg N Entzug = +26kg/ha

Mais: 150kg N Düngung – 124kg N Entzug = 26kg/ha

Wie sieht es in roten Gebieten aus?

Zieht man jetzt noch 20% ab in roten Gebieten, kommt folgende Bilanz heraus:

Weizen: Ertrag 80dt, Düngung 180kg – 20% N = 144kg N/ha – 144kg Entzug = 0 kg/ha N

Raps: Ertrag 40dt, Düngung 160 kg – 20% N = 128 kg N/ha -134 kg = -6 kg/ha N

Körnermais: Ertrag 90dt, Düngung 150kg – 20% N = 120 kg N/ha – 124kg = -4 kg/ha N

Die Herausforderung liegt darin den Stickstoff der im Stroh gebunden ist, wieder schnell Verfügbar zu machen.

PS: Ein kleine N-Quelle kommt sowohl aus der Luft, als auch aus dem Boden, von ca. 20 – 40 kg N/ha und Jahr. Das entspricht etwa den Verlusten, die durch eine Düngung entstehen können. Es gibt auch Situationen, gerade bei organischer Düngung, in denen bis zu 60% deines N-Düngers „verloren“ gehen kann.

Steigerung der N-Effizienz: 5 mögliche Ansätze

Hier gilt es anzusetzen, um die N-Effizienz zu steigern. Hier sind fünf mögliche Ansätze:

1. Mehrere kleinere Düngermengen (ja, das erhöht die Kosten)

2. Platzierung von Dünger (Cultanverfahren und Unterfußdüngung)

3. Ausgeglichene Makro- und Mikronährstoffeverhältnisse (siehe hierzu meine Artikel)

4. Schnelleres Recycling der Nährstoffe durch mehr Boden-Mikrobiologie

5. Sammeln von Dünger zum B.: N durch Leguminosen Anbau oder Zwischenfrüchte  (mehr dazu hier)

PS: Wann hast du deine letzte Bodenproben-Vollanalyse gemacht?

Der sechste Punkt: Analysetiefe im Ackerbau

Ein sechster Punkt, den ich noch näher beleuchten möchte, ist die Dokumentation und Analyse. 

In der Tierhaltung sind Rationschecks, Nährstoffanalysen von Futter, Haarproben und Blutproben bei vielen Tierhaltern üblich. Im Ackerbau machst du wahrscheinlich nur alle sechs Jahre eine Bodenprobe für die gesetzlichen Bestimmungen und im Frühjahr die N-min-Werte. Aber bei aktuell 16 bekannten Pflanzennährstoffen ist das zu wenig. Auch hier gibt es die Möglichkeit, tiefer reinzuschauen. Mit erweiterten Bodenanalysen oder Blattsaftanalysen. Diese Daten werden dir gerade mittelfristig weiterhelfen, deinen Boden besser zu verstehen, in Kombination mit Wetter- und Ertragsdaten kannst du mithilfe von KIs noch tiefere Analysen machen, die dir helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. SoilDx Webapp (soildiagnostix.app) ist eine App, die dich dabei unterstützt, diese Daten für dich auszuwerten und nutzbar zu machen.

Der Wert der Daten

Du fragst dich jetzt vielleicht noch, aber was bringt mir das kurzfristig? Kurzfristig kann dir das helfen, indem viele Kollegen Daten sammeln und sie teilen fürs Auswerten. Mittel- und langfristig helfen dir die Daten, deinen Ackerbau zu verbessern und gerade die nächste Generation wird von diesen Daten profitieren. Je früher du anfängst, desto früher hast du einen Vorsprung an Wissen, Wettbewerbsfähigkeit und kannst die Daten zu deinem Vorteil.

FAZIT:

Die DÜV stellt dich vor große Herausforderungen, aber wenn du dir Zeit nimmst, die ackerbaulichen, digitalen und technischen Möglichkeiten umzusetzen, steht deinen erfolgreichen Farmen nichts entgegen und die Politik kann dich mal am A…..ecken.

Das war’s für diese Woche. Bis zum nächsten Mal und fröhliches Farmen!

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